Fast wie ein Nachschlagwerk

Eine der letzten Arbeiten des emeritierten „Märchenforschers“ Heinz Rölleke war der 2. Band „Aufsätze für die Musenblätter 2020-2021“, der unter dem Titel „Sprache und Sinn“ steht

Darin geht es unter anderem um die letzten Gedichte Friedrich Hölderlins, die Figur des „Faust“ mit Bezug auf Christoph Martin Wieland, um Johann Gottfried Herder sowie Conrad Ferdinand Meyer. Aber Rölleke hat sich auch mit anderen Themen beschäftigt, etwa der Schlaflosigkeit von Dichtern. Von Gotthold Ephraim Lessings Parabeln springt er zudem zu expressionistischer Lyrik und dem Ideal der Goldenen Mitte. Nach Wilhelm Raabe und vor Walter von der Vogelweide kommt die Frage auf, wann das Mittelalter beendet wurde und die Neuzeit angefangen hat. Es ist also ein wilder Ritt durch „Sprache und Sinn“.

Mit anderen Worten: Das Buch eignet sich eher zum Blättern, Stöbern und Herauspicken, was einen gerade interessiert, anstatt das ganze Buch am Stück zu lesen. Damit bietet es sich zugleich aber auch als wertvolles Nachschlagewerk an – zumal in Kombination mit dem vorherigen Band. Dabei kann man zwischen den Kapiteln Literatur, Sprache, Zahlen, Märchen und Volkskunde wählen.

Ein Anliegen Röllekes war es, in diesem Buch aufzuzeigen, wie sich Sprache verändert. So konstatierte er eine „radikale Bedeutungsveränderung“, zum Beispiel was Adjektive betrifft. Denn am Ende gehe es darum, die Klassiker auch heute noch richtig verstehen zu können. Zwar gebe es Kommentare, diese seien im Laufe der Jahre jedoch zum Teil auch falsch weitergegeben worden.

So wurden „ekele Küsse“ etwa zu „edlen Küssen“ statt zu kenntnisreichen beziehungsweise raffinierten Küssen, was eigentlich gemeint war. Seiner Meinung nach hätte der ursprüngliche Begriff erhalten bleiben müssen – allerdings mit einem Kommentar versehen. Aber was macht man dann beim Theater? Dabei sei eine Modernisierung sinnvoll, worauf aber hingewiesen werden müsste, so Rölleke in seinem Buch.

Überhaupt wird in vielen Kapiteln deutlich, wie sich Sprache im Laufe der Jahrhunderte verändert hat – bis hin zu Begriffen mit völlig neuer Bedeutung. Sprache habe sich zum Beispiel schon deshalb verändert, weil gewisse Buchstabenfolgen verändert wurden – und damit heute sprichwörtlich leichter über die Lippen kommen, so Rölleke. Man könne das also zum Anlass nehmen, gelassener mit heutigen Sprachveränderungen umzugehen. Und das ist nur einer von vielen klugen Sätzen in diesem Buch.

NAS