Erinnerung an die Pogromnacht

Ganze 7 Seiten nimmt die Titelgeschichte in Anspruch, in der es um das Pogrom gegen jüdische Einrichtungen und Synagogen in der Nacht des 9. auf den 10. November 1938 ging – ein Ereignis, das sich damals zum 40. Mal jährte

Unter der Überschrift „Zwischen Kreuz und Davidstern“ beschäftigt sich der Pastor Hans Helmich mit der Pogromnacht in Wuppertal und der Rolle, die die Kirche dabei spielte. Dabei nimmt er zunächst die überregionalen Ereignisse an diesem Abend in den Blick, weil dort der Auslöser für die Zerstörungen zu finden ist. Nachdem Herschel Grünspan den Botschaftsrat Ernst vom Rath in Paris erschossen hatte, rief Joseph Goebbels zum Sturm auf alles Jüdische auf.

Nach den Zerstörungen, denen auch die bergischen Synagogen, zahlreiche Geschäfte, Wohnungen und vor allem auch Menschen zum Opfer fielen, wurden die Gesetze gegen Juden verschärft – für Helmich der Beginn der versuchten Auslöschung alles jüdischen Lebens in Europa.

Zudem weist er darauf hin, dass es nicht nur Anweisungen in allen Landesteilen zur „Demonstration“ gegen Juden durch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) gab, sondern auch Hinweise dazu, dass nicht-jüdisches Eigentum in der Nähe von Synagogen und Ladenlokalen zu schützen sei, die Polizei ansonsten jedoch nicht einschreiten soll. Auch die Verhaftung von männlichen Juden und ihre Erfassung in Listen und vieles mehr wurde genau angeordnet, so Helmich in seinem Bericht, in dem er sich auf Gestapo-Akten bezieht.

Was jedoch genau in Wuppertal passierte, sei 40 Jahre später nur schwer zu rekonstruieren, weil Quellen fehlten. Bekannt sei, dass mehrmals Brände gelegt wurden, um die Synagogen vollständig niederbrennen zu lassen, dass Nazis den Feuerwehren den Zugang zum Löschen versperrten und dass auch auswärtige Partei-Schergen in Wuppertal wüteten. Die Wuppertaler zog es in dieser Nacht laut Helmich ihrerseits nach Essen, um dort für Zerstörung und Gewalt zu sorgen. Belegt ist zudem, dass die Kosten für die Aufräumarbeiten den Juden und ihren Gemeinden auferlegt wurden. Wer in Wuppertaler verhaftet wurde, kam ins Konzentrationslager nach Dachau.

Und genauso wie die Allgemeinheit nicht für die Zerstörung aufkommen sollte, schlug auch ein Aufruf an die Bevölkerung 1945 fehl, bei dem es darum ging, die Verbrecher des 9. November 1938 aufzudecken.

Verurteilt wurden lediglich 5 Männer mit bis zu 2-jährigen Gefängnisstrafen für den Brandanschlag auf die Synagoge in Elberfeld. 6 Angeklagte, die den Brand der Barmer Synagoge mitverursacht haben sollen, wurden mangels Beweisen freigesprochen.

Auf die im Jahr 1938 gleichgeschaltete Presse konnte man auch nicht setzen, die – wenn überhaupt – nur über „spontane Judenfeindliche Kundgebungen“ schrieb. Zitiert wird zudem ein NSDAP-Mann von der Parteiortsgruppe Uellendahl, der sich in einer Rede über Juden ausgelassen hat und über die im General-Anzeiger berichtet wurde, was so unsäglich ist, dass wir es hier nicht wiedergeben möchten. Und auch Goebbels wird zitiert.

Helmich fragt daraufhin, wie die Evangelische Kirche, zumal die Bekennende Kirche, auf all das reagierte. Weil auch dabei nur wenige schriftliche Dokumente vorliegen, ist die Einordnung 1978 schwer gewesen. Aber Helmich geht davon aus, dass es kaum öffentliche Reaktionen dagegen gegeben hat. Es habe zwar Andeutungen, versteckt in Bibelzitaten, gegeben, aber offen habe man – auch über Hilfe für Juden – nur selten gesprochen. In Gesprächen nach dem Krieg habe man ihm gesagt, dass die Kirche insgesamt viel zu wenig getan hätte, schrieb der Autor in diesem Beitrag.

Rezepte und mehr

Das Weiterlesen fällt schwer, aber auch damals musste das Magazin abwechslungsreich gefüllt werden, um jeder Leserin und jedem Leser etwas anbieten zu können. Weiter ging es deshalb mit der „Bergischen Küche“, einer Rubrik, die vor allem jene Lokale suchte, die noch typisch bergische Gerichte auf den Tisch brachten. Gefunden hatte man dabei das Restaurant „Op dä Höh“ auf dem Bergrücken zwischen dem Deilbach- und Felderbachtal, das es auch heute noch gibt.

Doch schon damals bekannte der Wirt, dass die echten bergischen Gerichte im Gegensatz zur „üblichen Hausmannkost“ eher wenig nachgefragt würden. Und letztere dominieren dann auch heute die Küche. Im November-Magazin von 1978 wird deshalb ein Rezept für „Dicke Buanen“ (Bohnen) hinzugefügt.

Der Ausschnitt aus dem Bergischen Skizzenbuch stammt von Adolf Röder. Zu sehen ist eine Hofgruppe in der Leimbach vom September 1923. Die Häusergruppe hatte den 2. Weltkrieg nahezu unbeschadet überstanden, fiel nach dem Krieg jedoch Geschäfts- und Wohnbauten zum Opfer. Dort steht heute eine Geschäftsstelle der Stadtsparkasse.

In der Rubrik „Sport“ wird Bowling vorgestellt. Dabei wird erklärt, woher das Wort kommt, nämlich dass es mehr oder weniger eine Herleitung von „rollender Holzkugel“ ist. Erläutert wird der Unterschied zwischen Kegeln und Bowlen, der vor allem in den 3 Löchern für die Finger in der schwereren Bowling-Kugel sowie im Spiel mit 10 statt 9 Kegeln liegt. Und natürlich geht es auch um die Spielregeln.

Termine, Buchkritiken, unter anderem zu einem Aufsatz über Friedrich Engels von Klaus Goebel, folgen. Neu ist ein Quiz mit unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten und auch über die Skandinavien-Reise wurde weiter berichtet, die diesmal nach Finnland, Stockholm und Kopenhagen führt. Auch Kurznachrichten gibt es wieder in der Rubrik „Links und rechts der Wupper“. Der „Blick über den Zaun“ geht bergischen Namen nach, die sich im Straßenbild deutscher Städte wiederfinden. Den Anfang macht Dortmund, wo es unter anderem eine Barmer und eine Wupperstraße gibt.

Der Kommentar kommt in dieser Ausgabe von Wuppertals damaligen Oberbürgermeister Gottfried Gurland. Auch er bezieht sich auf die Pogromnacht 40 Jahre zuvor. Er erinnerte noch einmal explizit an die Verwüstungen in Wuppertal: die niedergebrannten Synagogen in Barmen und Elberfeld sowie die Kapellen der Friedhöfe am Weinberg und an der Hugostraße, wo auch Grabsteine umgestoßen wurden. Der Friedhof an der Weißenburgstraße wurde zudem in einen Schuttplatz umgewandelt.

Auch auf die Zeit davor und danach geht er in seinem Text ein. Er endet mit dem Aufruf, sich „hier und heute nachdrücklich gegen jede Form der Gewaltanwendung, gegen Intoleranz und Menschenverachtung“ zu wenden. Und weiter: „Und wir müssen wissen, was damals geschah und zu welchen Verbrechen Menschen fähig sein können, wenn sie durch Haß und Verhetzung irregeleitet werden.“ Dem ist auch 45 Jahre später nichts hinzuzufügen.