Goldenes Buch wiederbekommen

Das 1. Goldene Buch der Stadt Solingen wurde 1933 vom damaligen Oberbürgermeister Helmut Otte in Auftrag gegeben und an der Solinger Fachschule für die Stahlwarenindustrie erstellt. Nun wurde es von einem amerikanischen Sammler an das Stadtarchiv übergeben.

Ralf Rogge, Leiter des Solinger Stadtarchivs, bringt es auf den Punkt: Das Goldene Buch der Stadt Solingen aus dem Jahr 1933 ist „ein typisches Produkt des schwülstigen NS-Kunstverständnisses“. Den-noch sind er und die Stadt froh, dass das bislang als verschollen geglaubte Buch nun zurückgegeben wurde. Denn es ist – neben der Tatsache, dass es das erste der Stadt ist – auch „ein wichtiges Zeugnis der Selbstdarstellung der kommunalen Repräsentanten des NS-Regimes“, so Rogge weiter.
Beauftragt wurde das Buch 1933 von dem damaligen Oberbürgermeister Helmut Otte, einem Nationalsozialisten. Fertiggestellt wurde es jedoch erst 1939. Deshalb erfolgte der erste Eintrag im November 1933 auch erst einmal auf einem losen Blatt. Bis Oktober 1934 folgten weitere Lose-Blatt-Eintragungen, danach nicht mehr.
Den Auftrag zur Erstellung des Goldenen Buches bekam die Fachschule für die Stahlwarenindustrie Solingen – allerdings erst Ende 1936. Und die schien dem Auftrag nicht viel Bedeutung beizumessen, denn erst auf massiven Druck wurde es zum 565. Stadtjubiläum fertiggestellt. Der Gesamtentwurf und die grafische Gestaltung stammt von Willy Schwickerath, die fachliche und künstlerische Beratung übernahm Paul Woenne von der Fachschule, die Ausführung lag bei Solinger Kunsthandwerkern.
Das Buch hat 160 Pergamentseiten, die in ein Schweinspergament eingebunden sind. Verewigt ist auf dem Buchrücken der Spruch des Solinger Stadtwappens „Soli deo gloria“ (Gott allein die Ehre), der auch auf vielen Schwert- und Klingendegen Solinger Herkunft zu finden ist.
Und natürlich ist das Stadtwappen zu sehen, und zwar in Silber geschnitten und mit den Farben der Stadt emailliert. Gehalten wird das Wappen durch einen Stahlteller, der nur mit einer goldenen Linie verziert ist und in den Buchdeckel eingelassen ist.
2 Stahlbänder mit vergoldeten Hakenkreuzen halten das Buch zusammen. Neben weiteren symbolischen Darstellungen der Stadt im Innern des Buchs gibt es auch ein Vorwort. Das Buch ist – natürlich – vom nationalsozialistischen Zeitgeist geprägt, auch wenn die Hakenkreuze noch relativ dezent daherkommen.
Bis zum Beginn des 2. Weltkriegs gab es lediglich 3 Einträge in das Goldene Buch. Und auch während des Kriegs gab es nur selten einen neuen Eintrag. Wenn, dann gab es nur Unterschriften ohne erläuternde Einträge. Der letzte Eintrag erfolgte 1943. Damit wurden 13 der 160 Seiten genutzt.
Mit dem Kriegsende und dem Einmarsch US-amerikanischer Truppen verschwand das Buch 1945 aus dem Keller des Rathauses – und tauchte lange Zeit nicht wieder auf. Erst 2012 wurde es in einem Katalog von Militaria und NS-Devotionalien entdeckt. Ein süddeutsches Aktionshaus bot es für 8.500 Euro an.
Damals konnte das Buch nicht in die Klingenstadt zurückgeholt werden. Aber mit einem Eintrag in die „Lost Art“-Datenbank hat die Stadt ihren Anspruch auf das Goldene Buch rechtsverbindlich geltend gemacht, berichtet Rogge in einer Pressemitteilung. Der US-amerikanische Verkäufer nahm das Buch aus dem Katalog, womit es für Solingen jedoch wieder einmal von der Bildfläche verschwand.
Glück im Unglück: Der Band wurde verkauft, und zwar an den „Solingen-Sammler“ James Brown, wie er in der Pressemitteilung genannt wird. Zwar verzögerte sich die Übergabe Corona-bedingt, aber im Sommer 2022 konnte Brown nach Solingen kommen und das Buch Rogge überreichen. Im Gegenzug bekam er digitale Kopien von Dokumenten aus dem Solinger Stadtarchiv.

Foto: Stadt Solingen