Der Höhepunkt ist nicht erreicht

Die 4. Welle der Corona-Pandemie hat auch im Bergischen eingesetzt

Die Inzidenzzahlen im bergischen Städtedreieck steigen: Die Corona-Warnapplikation des Robert-Koch-Instituts vermeldete am Morgen des 26. August für Wuppertal eine Inzidenz von 210, für Solingen von 174 und in Remscheid von 141. Diese Zahlen zeigen, dass die 3 Städten mitten in der 4. Welle der Corona-Pandemie angekommen sind.

Überall dort, wo die Wohnverhältnisse eng sind und Reiserückkehrer aus (Hoch-)Risikoländern zurückkommen, zögen die Zahlen in Nordrhein-Westfalen an, berichtete Wuppertals Oberbürgermeister Uwe Schneidewind bei einer Videopressekonferenz. Und es seien vor allem die jungen Menschen unter 30 Jahre, die noch nicht oder nur einmal geimpft sind, die derzeit den Hauptteil der Covid-19-Patientinnen und -Patienten ausmachten.

Das Bedenkliche, so Johannes Slawig, Leiter des Wuppertaler Corona-Krisenstabs: Auch die Krankenhäuser würden wieder mehr Patientinnen und Patienten melden, allerdings seien derzeit weniger Menschen auf der Intensivstation als in vorangegangenen Wellen.

Remscheid meldet derzeit 8 Covid-19-Erkrankte in den Krankenhäusern der Stadt, 2 davon liegen auf der Intensivstation. Nur eine Person sei geimpft. In Solingen liegen derzeit 23 Covid-19-Patienten im Krankenhaus. 414 Personen sind nach Angabe der Stadt „nachgewiesen infiziert“, 277 Neuinfektionen waren es in den letzten 7 Tagen, 40 am 26. August.

Das einzige Instrument gegen diesen Anstieg sieht Slawig in der Impfung. Und deshalb stelle sich vielen Kommunen die Frage, ob die Schließung der Impfzentren zum 30. September tatsächlich sinnvoll sei.

Festhalten will Wuppertal auf jeden Fall an den mobilen Impfungen über den 1. Oktober hinaus, wenn auch deren Finanzierung nicht sichergestellt sei. Denn damit würde man Menschen erreichen, die weder den Weg ins Impfzentrum noch zu einem niedergelassenen Arzt finden. Alleine bei einer Impfaktion am Döppersberg wurden nach Angabe der Stadt 245 Menschen geimpft. Doch im Gegensatz zum Impfzentrum sei das dennoch wenig, erreiche man diese Zahl in Spitzenzeiten in einer Stunde.

An den Berufskollegs wird ebenso geimpft wie an Gymnasien und Gesamtschulen. Zudem sollen auch weitere Schulen mit einbezogen werden, um die 12- bis 15-Jährigen zu erreichen, bei denen die Einwilligung der Eltern unverzichtbar ist. Den Kontakt zu den Eltern müssten dann die Schulen herstellen.

Auch Remscheid hält an mobilen Impfaktionen fest: Weil viele das Angebot im Allee-Center genutzt hätten, würde es am 28. August wiederholt. Das scheint dringend notwendig zu sein, denn

Stefan Kühn, Gesundheitsdezernent der Stadt Wuppertal, nannte bei der Videopressekonferenz besorgniserregende Zahlen: So seien dem Gesundheitsamt am 26. August 213 Neuinfektionen gemeldet worden – der zweithöchste Wert seit Beginn der Pandemie. Damit hätte sich diese Zahl innerhalb von einer Woche verdoppelt. Und der Höhepunkt sei sicherlich noch nicht erreicht.

43 Prozent der akut infizierten seien Kinder und Jugendliche bis 20 Jahre, weitere 16 Prozent unter 30 Jahre alt. Es treffe derzeit also vor allem Ungeimpfte oder jene, die ihre 2. Impfung noch nicht erhalten haben. „Dass Impfen hilft, sieht man weiterhin in Altenheimen“, so Kühn: Alle zusammen hätten gerade einmal 5 Fälle angegeben. Umgekehrt hätten vom 23. bis 25. August 77 Schulen mindesten einen positiven Corona-Test innerhalb der Schultestungen gemeldet.

Im August gab es nach Angaben der Stadt Remscheid 316 Neuinfektionen, von denen 35 noch nicht „durchgeimpft“ waren und 21 (keine 7 Prozent) einen vollständigen Impfschutz hatten. Betroffen seien vor allem die Jahrgänge 1981 bis 1990 (21 Prozent) sowie 2001 bis 2010 (20 Prozent).

Das führe unter anderem in Wuppertal wieder dazu, dass das Gesundheitsamt derzeit nicht in der Lage sei, alle Fälle sofort abzuarbeiten und die Betroffenen in Quarantäne zu schicken. Deshalb wurden Studierende als Hilfen eingestellt. Denn durch wieder mehr Getestete würden auch wieder viele Fälle erkannt, bei denen die Betroffenen keine Symptome zeigen würden. Bundesweit liege die Quote derzeit bei 6 Prozent, so Kühn.

Die Diskussion über Kennzahlen findet Johannes Slawig als Wuppertaler Leiter des Krisenstabs angesichts der derzeitigen Situation steigender Fälle im Übrigen „gespenstisch“, weil sie nichts an der Lage änderten. Ähnlich verärgert zeigt sich die Stadt bei Fällen mit gefälschten Testergebnissen oder Impfausweisen. Das seien keine Kavaliersdelikte, sondern man könne in gleich 3 Punkten angeklagt werden: Urkundenfälschung, Vergehen gegen die Corona-Schutzverordnung und eventuell sogar fahrlässige Körperverletzung oder im Extremfall auch fahrlässige Tötung, wenn man nachweislich damit andere angesteckt habe.

Grafik: Stadt Solingen