Im Wuppertaler Von der Heydt-Museum wurde gerade die Tony-Cragg-Retrospektive eröffnet. Von seinen Anfängen an der Königlichen Kunstakademie in London bis zu neuesten Arbeiten, die fast gerade erst aus der Gießerei oder auch Glasbläserei gekommen sind, ist dort die Entwicklung des englischen Bildhauers zu sehen, der inzwischen in Wuppertal mehr als heimisch geworden ist. Und so nennt er die Ausstellung selbst auch ein Heimspiel.

Was man sich vorher kaum vorstellen konnte, nämlich, dass die zum Teil tonnenschweren Skulpturen überhaupt in das Museum passen, stellte auch Cragg und Direktor Gerhard Finckh vor eine logistische Herausforderung. Doch was zunächst als Nachteil galt, stellte sich für Cragg später als Vorteil heraus, wie er selbst berichtete. Dafür sei er aber auch Wochen durch das Haus und seine über 20 Räume gelaufen. Denn sie stehen bei dieser Ausstellung ausnahmslos dem Bildhauer zur Verfügung.

Durch die verwinkelten Räume können die einzelnen Werkgruppen perfekt getrennt und doch in einem Guss gezeigt werden. Denn die Ausstellung zeigt von oben nach unten gehend, was der junge Student an der Hochschule machte, dass seine ersten Arbeiten vor allem aus Fundstücken bestanden und später immer mehr Materialien hinzukamen.

Und damit sind wir quasi beim Dilemma dieser – und der meisten – Skulpturen-Ausstellungen angekommen. „Anfassen verboten“ müsste eigentlich neben jedem Werk riesig groß stehen, denn man ist fast immer versucht, die einzelnen Teile im frühen Zwei-Mal-Zwei-Meter-Kubus näher zu untersuchen, über Holz, Wachs, eine Würfelstruktur oder auch das mundgeblasene Glas zu streichen.

Cragg sagte bei der Beschreibung seiner Arbeiten selbst, jede Form enthalte eine Emotion. Meine zeigt sich definitiv in dem Verlangen, das Haptische der Figuren zu spüren. Weil man das aber (leider) nicht darf, schaut man automatisch noch genauer hin – und erkennt dann immer mal wieder den hintergründigen Humor Craggs, dessen Gesicht man plötzlich in ganz vielen Details der neueren Arbeiten wiedererkennt. Großartig!