Waren Sie schon einmal in Dresden? Als ich vor Jahren dort war, ist mir die dortige Selbstverliebtheit in die eigene Stadt aufgefallen. Ich fand das aber gar nicht so schlecht wie es sich anhört, sondern war eher ein bisschen neidisch. Denn wenn man im Bergischen nach dem Weg fragt, bekommt man zwar eine solide Antwort, aber nicht noch Tipps, was man sich unbedingt noch im schönen Städtedreieck – dem schönsten, das es in Deutschland gibt – noch ansehen müsse.

Und dann kam Uwe Schneidewind. „Ohne Pathos geht es bei mir nicht“, sagte er in der Pressekonferenz zur Vorstellung des Programms „Fokus Wuppertal“. Ja, an der einen oder anderen Stelle kam er schon sehr pathetisch rüber – was aber erstaunlicherweise ebenfalls nicht unangenehm war. Denn man spürt, dass es ihm um die Stadt geht, die er offensichtlich mag.

Und das tut der geschundenen Seele der Wuppertaler gut, zumal Schneidewind weder hier geboren noch aufgewachsen ist, sondern „nur“ die letzten zehn Jahre verbracht hat. Er kann die Dinge von außen betrachten und sieht vor allem die guten Seiten. Das haben wir entweder verlernt oder wir sind müde, die Stadt immer wieder vor anderen, die sie von innen oder außen schlecht machen, zu verteidigen.

An dieser Stimmung etwas zu ändern, hat sich Schneidewind (neben vielen anderen Dingen) vorgenommen. Ob er das schafft, lassen wir offen – nach gerade einmal 100 Tagen kann man das nicht vollbringen. In fünf Jahren aber vielleicht schon.

Diese ersten Tage hat er vor allem in der Stadtverwaltung verbracht und war deshalb für die Bürgerinnen und Bürger, die nicht so Internet-affin sind wie er selbst, kaum wahrnehmbar. Das hatte ganz Wuppertal-typisch wieder viel Nörgelei hervorgerufen. Wenn er aber diese Nörgler mit seinem Pathos, ich würde es vielleicht eher Begeisterung nennen, mitnehmen kann, dann haben wir schon viel geschafft.

Silke Nasemann