Klänge aus der Heimat

Das Mandolinen-Orchester Wuppertal hat ein Flüchtlingsprojekt gestartet, das Normalität und Freizeitbeschäftigung sein soll, aber sicherlich auch ein wenig Heimat in die Zukunft bringen wird

Gemeinsam mit der Bergischen Musikschule und finanziell unterstützt vom Landesmusikrat NRW sowie dem Ministerium für Familie, Kinder, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen startet die Mandolinen-Konzertgesellschaft Wuppertal (kurz Makoge) ein Flüchtlingsprojekt. Das soll ihnen ein Stück Normalität vermitteln und zugleich eine Freizeitbeschäftigung bieten. Das Projekt beinhaltet unter anderem den kostenlosen Unterricht für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit den Instrumenten Mandoline, Gitarre und Baglama.

Während die Gitarre hierzulande gut bekannt ist, ist die Mandoline schon unbekannter, ganz zu schweigen von der Baglama. Die Mandoline gibt es seit dem 17. Jahrhundert, sie ist also deutlich jünger als die Gitarre. Von Italien über Paris und Wien gelang ihr bis heute eine immer größere Verbreitung. Und schon Komponisten wie Georg Friedrich Händel, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven widmeten sich ihr. Dennoch gibt es nur einen professionellen Lehrstuhl in Deutschland, der nicht zufällig an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Wuppertal, zu finden ist.

Die Baglama ist eine Langhalslaute, die je nach Region auch Cura oder Saz genannt wird. Sie ist vom Balkan bis Afghanistan verbreitet und spielt unter anderem in der Musik der Türkei, Kurdistans, des Irans, Armeniens, Aserbaidschans und Afghanistans eine große Rolle – dürfte also für einige der Flüchtlinge auch vertraute Klänge bedeuten.

Schon beim ersten Informationsabend der Makobe für die Flüchtlinge zeigten 23 Interesse, weitere kamen schnell hinzu. Und tatsächlich: Zur ersten Unterrichtseinheit Ende Oktober in der Musikschule in Wuppertal kamen 26 junge Menschen aus Syrien, Eritrea, Nigeria und weiteren Ländern zusammen, um begeistert in die Saiten zu greifen, wie Thomas Horrion, stellvertretender Vorsitzender der Makoge, berichtet. Unterricht bekommen sie bei Marianne Keller (Mandoline), Fani Papadopoulou (Gitarre) und Asli Dila Kaya (Baglama).

Wer Musik mag, aber selbst kein Ins-trument spielen oder lernen möchte, wird von der Konzertgesellschaft eingeladen, das Mandolinen-Konzert am 15. November 2015 in der Historischen Stadthalle zu besuchen. 50 Karten stehen für Flüchtlinge kostenlos zur Verfügung. Als Besonderheit wird ihnen vor Beginn des Konzertes die Stadthalle bei einer Führung gezeigt.

Und noch ein Konzert steht im Rahmen des Projektes auf dem Programm: Am 5. Dezember soll es im Großen Saal der Musikschule stattfinden – und zwar mit Beteiligung der neuen Schülerinnen und Schüler. Daneben wird das Orchester selbst auftreten, unter anderem mit der „Fantasie über Themen von Rjabinin“ des russischen Komponisten Anton Arenski, der derzeit im Bergischen Land lebt – und ebenfalls Asyl beantragen will.

Die Wurzeln der Mandolinen-Konzertgesellschaft gehen bis ins Jahr 1919 zurück, als sich junge Menschen zum Wander- und Instrumental-Club Harmonie zusammenschlossen. 1921 fand das erste „richtige Konzert“, also mit Stuhlreihen, unter dem neuen Namen Elberfelder Mandolinen-Gesellschaft statt, wie es in der Chronik der Gesellschaft von Siegfried Büttner und Thomas Horrion heißt. 1934 wurde die Mandolinen-Konzertgesellschaft Elberfeld offiziell gegründet – auch, um sich von der Wandervogel-Romantik zu lösen. 1975 folgte die Umbenennung in Mandolinen-Gesellschaft Wuppertal.

Foto: Leon Hohmann