Auf den Weg gebracht

Mitte Dezember 2013 hat der Rat der Stadt Remscheid den Grundsatzbeschluss zur Ansiedlung eines Designer-Outlet-Centers in Lennep beschlossen – nun stehen die Detailplanungen an

Der Beschluss ist gefasst: Mit großer Mehrheit hat der Rat der Stadt Remscheid am 12. Dezember 2013 beschlossen, die städtischen Flächen in Lennep im Bereich Röntgen-Stadion, Jahnplatz und Kirmesplatz an den Investor McArthur-Glen zu verkaufen, damit dieser dort ein Designer-Outlet-Center (DOC) errichten kann.
Vor genau einem Jahr hatte sich der Rat bereits offiziell für die Ansiedlung ausgesprochen. Mit dem nun gefassten Grundsatzbeschluss ging der Abschluss des Kaufvertrages einher – womit laut Stadtverwaltung „ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg der Ansiedlung“ erreicht sei, denn damit sei für beide Seiten Rechtssicherheit geschaffen worden. Nun könne man mit der Festlegung wesentlicher Detailplanungen beginnen. Daneben könne mit dem Bauleitplanverfahren für den DOC-Standort und den damit verbundenen Ausbau des Sportzentrums Hackenberg zur Verlagerung der wegfallenden Sportflächen begonnen werden.
Eine Einschränkung im Kaufvertrag gibt es allerdings, nämlich dass er nur dann zum Tragen kommt, wenn dafür auch ein „rechtssicheres Baurecht“ geschaffen wird. Oberbürgermeisterin Beate Wilding: „Das bedeutet, dass im Bauleitplanverfahren die gesetzlichen Vorgaben wie klar definierte funktionierende Verkehrsströme und Schutz vor Emissionen wie Staub und Lärm erfüllt sein müssen“. Liegen die entsprechenden Gutachten vor, werde das Projekt realisiert, so Wilding. Und genau an diesem Punkt ist Remscheid jetzt: Seit Januar liegt das Verkehrsgutachten vor, seit Februar die Auswirkungsanalyse.
Ausgangspunkt des Verkehrsgutachtens ist, dass mit etwas über 2,5 Millionen Besuchern im Jahr gerechnet werde – an Werktagen sind das rund 6.000 Besucher, an Samstagen etwa 18.000. Diese werden laut Gutachten zu 90 Prozent mit dem eigenen Fahrzeug anreisen, was im Durchschnitt gut 4.400 Pkw-Fahrten pro Werktag und weitere 11.200 an Samstagen mit sich bringen wird. Hinzu kommen in den Berechnungen die An- und Abfahrten der Beschäftigten sowie der Lieferverkehr.
Das Fazit der Gutachter (Brilon Bondzio Weiser GmbH, Frank Weiser hat auch die Sperrung der Bundesstraße 7 in Wuppertal mit Blick auf den Umbau des Döppersberg für die Industrie- und Handelskammer begutachtet und befürwortet) lautet: „Abschließend ist festzustellen, dass für die vorliegenden Planungen für das DOC die Machbarkeit des Bauvorhabens unter verkehrsplanerischen Gesichtspunkten nachgewiesen werden konnte.“ Eine kurze Emissionsanalyse wurde zwar gegeben, Details müssen jedoch noch ausgewertet werden, heißt es bei den Gutachtern.
In der „Städtebaulichen und raumordnerischen Verträglichkeitsanalyse“ (Auswirkungs-analyse) geht man davon aus, dass DOCs grundsätzlich zwischen 20 bis 40 Prozent ihres Umsatzes mit Kunden machen, die rund eine halbe Stunde Fahrzeit haben (in diesem Fall also zum Beispiel mit Kunden aus Wuppertal und Solingen). Im schlimmsten Fall seien es bis zu 50 Prozent, heißt es in dem Gutachten.
Die Ansiedlung des DOC in Remscheid erscheine mit Blick auf den Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen genehmigungsfähig. Auch städtebauliche Auswirkungen scheint es laut Gutachter (das Büro Stadt und Handel aus Dortmund, das auch den Entwurf eines Einzelhandelskonzeptes für Remscheid vorgelegt hat) nicht zu geben.
Für die bereits ansässigen Lenneper Geschäfte, die Remscheider Innenstadt und die Städte in der Nachbarschaft macht der Gutachter „keine negativen Auswirkungen auf den Bestand und die Entwicklungsmöglichkeiten“ aus, auch wenn es für die Remscheider Innenstadt „durchaus nennenswerte Umsatzverteilungswerte“ gebe. Aber: Es kämen durch das DOC auch Kunden in die Stadt, die sonst nicht kommen würden. Und: Derzeit fließe viel Kaufkraft aus dem bergischen Städtedreieck nach Düsseldorf, Essen und Dortmund, die man mit einem DOC zumindest in der Region halten könne.
Der Gutachter empfiehlt der Stadt, die Innenstadt „weiterzuentwickeln“, was derzeit mit der Gründung einer Interessen- und Standortgemeinschaft auch in Angriff genommen wird (lesen Sie dazu mehr ab Seite 8). Grundsätzlich solle man das bieten, was ein DOC üblicherweise nicht bietet, zum Beispiel eine historisch gewachsene Atmosphäre, eine gute Beratung, spezielle Angebote und neueste Trends. Daneben wird für Lennep empfohlen, das DOC so gut wie möglich an den Stadtteilkern anzubinden: Je besser das DOC baulich eingebunden werde, desto größer seien die Synergieeffekte.
Die Grundstücksfläche des DOC beträgt 70.000 Quadratmeter, von denen 20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche sein sollen. Die Parkplätze liegen zum Teil als Tiefgarage (800 Stellplätze) unter dem Zentrum. Hinzu kommt ein Parkhaus mit 1.700 Stellplätzen auf dem derzeitigen Kirmesplatz.
Für die Grundstücksverkäufe rechnet die Stadt in ihrem Grundsatzbeschluss mit Einnahmen in Höhe von 15 Millionen Euro. Dem stehen Ausgaben in fast gleicher Höhe gegenüber, die durch die Verlagerung der Sportanlagen, der Freiwilligen Feuerwehr, der Katholischen Grundschule sowie der Kirmes und Brauchtumsfeste entstehen. Damit sei eine wichtige Voraussetzung für die Ansiedlung des DOC geschaffen, nämlich dass aus dem Erlös der Grundstücksverkäufe „die Finanzierung aller notwendigen Ersatzmaßnahmen“ möglich sei, wie es in dem Grundsatzbeschluss heißt.
Hinzu kommen Kosten für Umbauten innerhalb des Straßennetzes, die noch einmal mit rund 8,4 Millionen Euro zu Buche schlagen. Dem stehen (noch nicht zugesagte) Fördermittel und Kostenbeteiligungen durch das Land Nordrhein-Westfalen und den Investor McArthur-Glen gegenüber, sodass am Ende gut 1,3 Millionen Euro von der Stadt als Eigenanteil bezahlt werden müssen.
Doch für die Stadt könnte sich die Ansiedlung des DOC lohnen, so die Rechnung. Dabei stellt die Verwaltung hohe Erwartungen an das Center: Es soll sowohl beim Strukturwandel als auch gegen den demografischen Wandel helfen. So erhofft sich die Stadt davon eine Stabilisierung der Immobilienpreise, eine Wiederbelebung des Lenneper Zentrums, das seit Jahren mit Leerständen kämpft, und den Zuzug junger Menschen, die im DOC arbeiten wollen beziehungsweise aufgrund neuer Arbeitsplätze nicht wegziehen.
Kollage: Michael Mutzberg