Einstimmige Berufung

Der französische Tänzer und Choreograf Boris Charmatz wird ab der kommenden Saison 2022/2023 neuer Intendant des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch

Der Aufsichtsrat des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch hat sich Ende Oktober 2021 einstimmig für den 1973 in Frankreich geborenen Boris Charmatz als neuen Intendanten entschieden. Mit Beginn der Spielzeit 2022/2023 im September dieses Jahres wird er sein Amt antreten.

Die Wahl Charmatz‘ ist das Ergebnis einer Findungskommission unter dem Vorsitz von Bürgermeister Heiner Fragemann, der zudem Rolf Köster als Mitglied des Aufsichtsrats des Tanztheaters, Bruno Heynderickx vom Hessischen Staatsballett Darmstadt-Wiesbaden, Claire Verlet vom Pariser Théâtre de la Ville, Ruth Amarante und Christopher Tandy als Vertreter des Ensembles sowie Bettina Milz vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen angehörten.

Letztere wurde nach der Entscheidung für Charmatz zur inhaltlichen Koordinatorin und Leiterin in der Vorlaufphase für das Pina-Bausch-Zentrum berufen. Die Dramaturgin, Kuratorin und Dozentin war Referatsleiterin für Theater und Tanz beim NRW-Ministerium. Sie soll bis zur geplanten Eröffnung 2027 dafür zuständig sein, das Zentrum strategisch, inhaltlich, strukturell und organisatorisch vorzubereiten. Damit ist sie Ansprechpartnerin für alle Akteure bei Stadt, Land und Bund. Ihre neue Stelle ist an das Tanztheater angegliedert.

Charmatz gehört nach Angabe der Stadt Wuppertal zu den „wichtigsten Erneuerern der Tanzkunst“. Seine Arbeiten sind auf großen Bühnen und Festivals vertreten, zum Beispiel in Avignon und an der Pariser Oper. Er hat zudem mit großen Namen wie Anne Teresa de Keersmaeker zusammengearbeitet, aber auch mit jenen, die zum Umkreis von Pina Bausch gehörten wie Raimund Hoghe.

Charmatz hat Klassischen Tanz an der Ballettschule der Nationaloper Paris und am Konservatorium in Lyon studiert. Seit 2008 leitet er das „Centre Choréographique national de Rennes et de Bretagne“ und hat daraus das Ensemble „Musée de la dance“ gegründet.

Wuppertal scheint es ihm angetan zu haben, denn es sei „Liebe auf den ersten Blick“ gewesen, bekannte Boris Charmatz bei der Pressekonferenz in der Historischen Stadthalle. Er will das Tanztheater mehr in die Öffentlichkeit bringen und hat auch schon erste Pläne: So verkündete er, dass man zum Beispiel den Platz vor dem Bismarckturm auf der Hardt tänzerisch erobern könne – statt einen Parkplatz zu haben. Ähnliches hat er bereits in anderen europäischen Städten getan, zuletzt in Manchester, Berlin und Brüssel. Auch in Museen wie der Tate Modern in London hat er seine Choreografien gezeigt.

Charmatz will zudem ein binationales deutsch-französisches Projekt starten, welches vor allem Nordrhein-Westfalen und die Region Hauts-de-France an der Grenze zu Belgien verbinden soll. Beide Regionen seien durch die industrielle Revolution geprägt, ebenso wie durch die damit verbundenen Migrationsbewegungen.

Das Pina-Bausch-Zentrum wird ab 2027 im ehemaligen Schauspielhaus auch Basis des Tanztheaters sein. Die Aufgabe des neuen künstlerischen Leiters besteht deshalb – neben neuen Choreografien und der Bewahrung des Erbes Pina Bauschs – darin, das Projekt gemeinsam mit Milz und weiteren Akteuren zu entwickeln.

Foto: Michael Mutzberg