Gemeinsam erinnern

Das Zentrum für verfolgte Künste in Solingen erinnert in der Ausstellung „Solingen ’93“ an den Brandanschlag auf das Haus der Familie Genc – in Gedenken an den 30. Jahrestag in diesem Jahr

Gezeigt werden soll, wie an die Todesopfer rechter Gewalt seit 1980 erinnert wird, wie die lokalen Gesellschaften auf die traumatischen Ereignisse reagieren sowie welche Initiativen in Solingen nach 1993 und anderswo nach Anschlägen entstanden sind. Dazu gehört auch das Zentrum für verfolgte Künste selbst, das nach dem Brandanschlag als Zeichen für eine pluralistische Gesellschaft und gegen Antisemitismus, Rechtsradikalismus, Intoleranz und Rassismus entstanden ist.

An die 5 Opfer in Solingen erinnern Porträts von Sandra del Pilar, die mit den Lebensgeschichten ergänzt wurden. Beata Stankiewicz hat parallel dazu ein Porträt der 2022 verstorbenen Mevlüde Genc geschaffen, das ebenfalls gezeigt wird. Sie hatte bei dem Anschlag 2 Töchter, 2 Enkelinnen und eine Nichte verloren – und galt bundesweit als Versöhnerin und Mahnerin für Toleranz und Verständigung zwischen den Menschen, wie es in einer Pressemitteilung der Stadt Solingen heißt.

Neben der Ausstellung, die vom 29. Mai bis zum 17. September zu sehen sein wird, sind weitere Veranstaltungen geplant. So wird es zum Beispiel vom 2. bis 19. Mai das „Offene Museum“ geben, bei dem es Interviews zu Erlebnissen und Erinnerungen an den Tag im Frühling 1993 geben wird. In Zusammenarbeit mit dem Haus der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen sollen zudem Videointerviews mit Zeitzeugen durchgeführt werden. Die Erinnerungen sollen in einem „Archiv der Gegenwart“ im Stadtarchiv Solingen zusammengeführt und aufbewahrt werden.

Der 29. Mai

Am 29. Mai 1993 wurde in der Unteren Wernerstraße das Wohnhaus der Familie Genc angezündet, bei dem 5 Menschen türkischer Abstammung – Gürsün Ince, Gülistan Öztürk sowie Hatice, Hülya und Saime Genc – starben. Der Brandanschlag war nicht der einzige, sondern wird immer wieder im Zusammenhang mit ähnlichen Verbrechen wie in Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda und Mölln genannt. Diese und ähnliche Anschläge wie zuletzt zum Beispiel in Hanau und Halle zeigen bis heute, dass es in der Gesellschaft weiterhin Rassismus, Antisemitismus und die Gefahr rechter Gewalt gibt.

Die Zeit der Wiedervereinigung und der Anschläge rund um Solingen ist in letzter Zeit in den Fokus von Autorinnen und Autoren geraten, die Hörspiele (Özlem Özgül Dündar: „Türken, Feuer“), Bücher (Henga‐ meh Yaghoobifarah: „Das Ministerium der Träume“) und Podcasts veröffentlichten. Einige von ihnen gehören zum Kuratorium der Ausstellung. Den Vorsitz hat Bundesminister Cem Özdemir übernommen.

Gedenkfeier// Am 29. Mai 2023 wird die Stadt Solingen in einer offiziellen Gedenkfeier an den Brandanschlag erinnern, bei der auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst, seine Stellvertreterin Mona Neubaur und NRW-Integrationsministerin Josefine Paul teilnehmen werden. Einen Tag vorher wird der Mercimek-Platz in Mevlüde- Genc-Platz umbenannt.

Foto: Wikimedia Commons/Frank Vincentz (Mahnmal der Solinger Bürgerinnen und Bürger)