Wer weiß etwas?

Wer in Solingen kennt nicht das riesengroße Firmengelände der Firma Rasspe entlang der Straße zwischen Solingen und Kohlfurth auf dem Weg nach Cronenberg?

Gegründet 1827 von dem frommen Kleineisenschmied Peter Daniel Rasspe (1805 bis 1878) aus Kohlfurth, fertigte diese Firma bis ungefähr 1880 im Wesentlichen Stiefeleisen an. Was war das? Kleine Eisenstücke in U-Form, die auf die Sohlen von Schuhen und Stiefeln gehauen wurden, um die Schuhe haltbarer zu machen.

Rückblickend schrieb der Firmeninhaber Gustav Rasspe 1932: „Mein Großvater Peter Daniel hatte seine eigene Schmiedewerkstätte in der Kohlfurth. Er hatte die Erfindung gemacht, Stiefeleisen in Gesenken zu schmieden. Um das Geheimnis zu wahren, wurde damals zunächst nur hinter verschlossenen Fenstern und Türen gearbeitet.“

Groß wurde die Firma Rasspe aber mit den Produkten, die sie ab der Jahrhundertwende produzierte, nämlich Ersatzteile für landwirtschaftliche Maschinen. Der umfangreichste Katalog, den P. D. Rasspe Söhne jemals herausgegeben hat, stammt in 2 Auflagen aus dem Januar 1914. Er war 1.280 Seiten stark, umfasste bis zu 30.000 Produkte, wog knapp 1,5 Kilogramm und bot Ersatzteile für hunderte verschiedener landwirtschaftlicher Maschinen aus den USA, England, Russland und Deutschland an.

Das war ein betriebswirtschaftlich durchaus spannendes Konzept, denn eigentlich produzierte Rasspe (zunächst einmal) keine eigenen Produkte, sondern Teile für die Produkte anderer Firmen, im wesentlichen aus den USA und Großbritannien.

Und dieses Konzept ging auf: P. D. Rasspe wurde weltweit der größte Anbieter für Ersatz- und Verschleißteile von denkbar allen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten wie Traktoren, Mähmaschinen, Heuwender, Viehtränken, Ährenheber, Knüpfer, Knoter, Haspeln oder Schlepper. Lagerung, Verwaltung, Organisation, Verkauf, Vertrieb, Buchhaltung und Qualitätsüberprüfung von schließlich 40.000 verschiedenen Teilen waren eine logistische Spitzenleistung.

Die Firma Rasspe hatte den Krieg gut überstanden, nicht zuletzt wegen der Produktion von Rüstungsgütern und wegen des Einsatzes von vielen Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen. Zu einem riesengroßen Industriekomplex mit eigenen Werkswohnungen und dem Gebäude des Henriette-Amalie-Rasspe-Stifts unter der Adresse Stöcken ausgewachsen, war die Firma in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts mit 1.200 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber Solingens.

Im Auftrag der Wirtschaftsförderung Solingen GmbH schreibt Jörg Becker gegenwärtig eine Geschichte der Solinger Firma Rasspe von 1827 bis zur Insolvenz 1999. Wer historisches Material über hat, kann den Autor unter der E-Mail-Adresse joerg.becker@komtech.org kontaktieren.

Abbildung: Umschlag der Festschrift zum 125-jährigen Jubiläum der Firma P. D. Rasspe Söhne (1952)/Quelle: Privatbesitz Jörg Becker, Solingen