Die Ergebnisse der Europa-Wahl liegen nun schon eine Weile hinter uns und damit auch die Gewissheit, dass viel zu viele rechte Parteien gewählt haben – und zwar Europa-weit. Fast, möchte man hinzufügen, denn es gibt Ausnahmen. Besonders auffällig ist dabei unser Nachbarland Belgien: Während im flämischen Teil die Rechten auf dem Vormarsch sind, hatten sie im wallonischen Teil kaum etwas mit dem Wahlausgang zu tun.

Das könnte daran liegen, dass sich wallonische Medien und Parteien gemeinsam für eine „Brandmauer gegen Rechts“ ausgesprochen haben, zu der unter anderem gehört, Mitglieder rechter Parteien in den Medien nicht zu Wort kommen zu lassen.

Das erzeugt erst einmal ein Schmunzeln – mehr aber auch nicht. Denn zu einer Demokratie muss gehören, alle Seiten zu berücksichtigen, denn sie muss andere Meinungen aushalten können. Womit wir aber bei einem anderen Punkt sind: der sogenannten „false balance“, also der falschen Ausgewogenheit.

Zu wirklich jedem Thema wurde ein Vertreter der extremen Rechten befragt. Das ging oftmals mit dem Thema Klimawandel und Impfen einher: Wenn sich die Wissenschaft einig ist, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt und Impfen gegen schwere Fälle von Covid-19 hilft, muss man keinen Leugner befragen. Denn wer nicht genau hinschaut und -hört, bekommt den Eindruck, dass die Wissenschaft den gleichen Anteil an der Wahrheit habe, wie die Leugnung, ist doch jeweils ein Vertreter beider Seiten eingeladen. Und das bleibt in den Köpfen.

Genauso funktioniert die Verschiebung des Sagbaren: Gehe ich ganz bewusst immer einen Schritt zu weit, bleibt das Gesagte hängen. Das ist eine ganz schlechte Entwicklung, die sich in Angriffen auf Politiker sowie Mitarbeitende von Feuerwehr und Rettungsdiensten niederschlägt. Nehmen wir die Wahlergebnisse also als das was sie sind: Mehr als einen Warnschuss für alle, die für Demokratie und ein geeintes Europa stehen.