Und jetzt das Online-Geschäft

Das Wuppertaler Familienunternehmen EDE will weiter wachsen und sieht ein großes Potenzial dabei im Internet

Die Zeit drängt: „Wenn wir jetzt nicht handeln, hat Amazon zu viel Wissen und eine eigene Plattform kommt dann nicht mehr durch“. Jochen Hiemeyers Worte in Sachen Internethandel – und zwar über eine vom EDE (Einkaufsbüro Deutscher Eisenhändler) gesteuerte Seite – sind eindeutig. Die ist derzeit in Arbeit und soll Anfang 2015 an den Start gehen. Hiemeyer verantwortet das Projekt innerhalb der EDE-Geschäftsführung, das derzeit noch unter dem Stichwort „ePVH“ (elektronischer Produktionsverbindungshandel) steht.
Was nach Angaben von Andreas Trautwein, Vorsitzender der EDE-Geschäftsführung, den Einstieg vieler – einschließlich der vor allem kleineren EDE-Mitgliedshändler – in den Internet-Handel erschwert habe, ist die Umkehrung dessen, was man vom stationären Handel kenne: Dorthin komme der Kunde und schaue, was angeboten werde. Wird etwas im Internet gekauft, weiß der Käufer vorher genau, was er haben will und sucht einen Onlinehändler, der das Gewünschte zum besten Preis oder mit dem besten Service anbietet.
Dieses System erkannt und für sich genutzt haben nach Trautweins Ansicht vor allem die großen Verkaufsplattformen wie Amazon und Ebay, die nun auch mit speziellen Töchtern verstärkt auf den Markt für Fachkunden drängten. Und die hätten dann auch die Marken der EDE-Händler. Bevor diese groß würden, wolle man die eigene Plattform fertigstellen, die gleichzeitig Marktplatz und Produkt-Suchmaschine sein soll.
Hiemeyer betont dabei, dass man die großen Anbieter nicht nachahmen, sondern lieber einen eigenen Weg gehen wolle, bei dem das bisherige Geschäftsmodell mit Beratung, Service, einer schnellen Warenversorgung und der regionalen sowie generellen Kundennähe auch auf den Internet-Handel übertragen werden soll. Ziel ist es dabei, dass der Kunde immer und überall seine Produkte kaufen könne – egal ob das im stationären Handel ist, über das Handy oder am PC.
Das EDE fungiert dabei genau wie im stationären Handel als Vermittler zwischen Anbieter und Nachfrager und übernimmt auch im Online-Handel das Marketing, ist für die Produktdaten verantwortlich, steuert den Versand (innerhalb Deutschlands in 24 Stunden) und erstellt die Rechnungen. Die Anbieter behalten die Produkt- und Preishoheit und müssen Reklamationen abwickeln. Ganz wichtig ist Hiemeyer, dass man „bei Versand und Service nicht hinter Amazon und Co stehen“ dürfe. Investiert werden sollen deshalb gleich mehrere Millionen Euro in das Projekt.
Auch die Etris-Bank (eine 100-prozentige Tochter des EDE) wird mit eingebunden: Sie soll die Forderungen von den Händlern abkaufen und dafür die Bonitätsprüfung sowie das Forderungsmanagement übernehmen – die Mitglieder haben damit auch Online eine Zahlungsgarantie und einen 100-prozentigen Ausfallrisikoschutz. Die Gebühr für die Teilnehmer, die zugleich EDE-Mitglied sein müssen, richtet sich nach den über die Plattform getätigten Umsätzen.
Die Plattform soll zunächst für den Bereich Werkzeuge und Elektrowerkzeuge (mit rund 30.000 bis 40.000 Artikeln) als Pilotgruppe mit ausgewählten Händlern im ersten Quartal 2015 ans Netz gehen. Dabei soll auf das EDE-eigene Lager in Wuppertal zurückgegriffen werden. In einem zweiten Schritt sollen mehr Händler und deren Lager dazukommen, sodass Kunden die Ware auch vor Ort abholen könnten – und danach schrittweise die anderen Bereiche.
Als besonderes Serviceangebot und damit Vorteil gegenüber anderen Plattformen kann sich Hiemeyer zum Beispiel vorstellen, dass die Ware direkt auf die Baustelle geliefert werden kann. Das sei vor allem für Handwerker interessant. Daneben will sich das EDE mit der Plattform an kleine und mittelständische Industrieunternehmen wenden. Den Käufer, der nur das billigste Produkt suche, habe man dagegen nicht im Blick, heißt es beim EDE. Dass eine eigene Plattform über das EDE jedoch interessanter ist als der bereits schon selbst gestartete Online-Handel über die unterschiedlichsten Vertriebswege, ist eine Hürde, die das EDE noch nehmen muss.
Als Konkurrenz zum bereits seit langem bestehenden EDE-Multishop sieht das Unternehmen die neue Plattform ebenfalls nicht, weil sich dieser eher an Stammkunden richte, die auf die dort gebotenen Vorteile eines automatisierten Bestellprozesses setzten. So richte sich das neue Portal dementsprechend eher an „anonyme“ Kunden – und sei deshalb eine Ergänzung beziehungsweise Ausweitung der bisherigen Reichweite.

Ziele nicht erreicht

Der Blick auf den Online-Handel ist auch eine Folge der selbst gesteckten Ziele im Rahmen der Herausforderung, bis 2020 weiter zu wachsen. Aber: Das EDE liegt nach Angabe von Andreas Trautwein in diesem Jahr „unter Plan“. Sei der Start ins Jahr zunächst gut gelaufen, gingen die Umsätze nun jedoch zurück. Vor allem der Juni und August seien schwache Monate gewesen. Und hätten die Mitglieder nach dem Ende des zweiten Quartals noch einen positiven Blick in die Zukunft angegeben, habe sich das im dritten Quartal nicht bestätigt, so Trautwein.
Dabei sind die Zahlen durchaus gut: Bis August lag der Umsatz mit vier Prozent im Gegensatz zum Vorjahr im Plus. Erwartet hatte das Unternehmen jedoch ein Plus von 6,9 Prozent. Das Handelsvolumen lag nach acht Monaten bei 3,56 Milliarden Euro. Im Detail liegt nur die Haustechnik mit 0,2 Prozent im Minus, aber von den anderen Bereichen hatte man sich fast überall mehr oder weniger das Doppelte an Zuwachs gewünscht. Oder anders ausgedrückt: 350 Millionen Euro Wachstum habe man geplant, das Ist liege derzeit bei 136,5 Millionen Euro, sagt Trautwein. Davon seien etwa 39,5 Millionen Euro im Ausland, 97 Millionen Euro im Inland erzielt worden.
Mit einem Umsatzplus von 5,1 Prozent liege der Bereich Stahl als einziger über dem Plan und bilde damit derzeit das Zugpferd, so Trautwein. Daran will der Vorstand anknüpfen und hofft auf einen guten Endspurt. Aber: Das Ziel von 5,5 Milliarden Euro Umsatz am Ende des Jahres werde kaum zu erreichen sein. Dazu sei der Weltmarkt zu schwach, ebenso wie die Lage in vielen europäischen Ländern. Und hinzu kommen zahlreiche Krisen wie die in der Ukraine sowie eine eingetrübte Stimmung in der deutschen Wirtschaft.
Silke Nasemann

Foto: EDE