Vorurteile abbauen

In Solingen organisieren die Stadt und ihre Bürger gemeinsam Hilfe für Flüchtlinge. Wie sieht es in den Schwesterstädten aus? Und welche Rolle spielt dabei der Islam?

Mitte Januar 2015 traf sich in Solingen unter dem Vorsitz von Sozialdezernent Robert Krumbein zum ersten Mal der Runde Tisch Flüchtlingshilfe. Rund 45 Personen aus Politik und Stadtverwaltung, Wohlfahrtsverbänden sowie Vereinen und Initiativen hatten sich zusammengefunden, um sich über die aktuelle Situation in der Stadt unterrichten zu lassen. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, wie die Menschen untergebracht werden sollen. Eine neu eingerichtete Koordinierungsstelle soll sich für die Flüchtlinge auf Wohnungssuche begeben und zentraler Ansprechpartner für alle sein, die eine Unterkunft zur Verfügung stellen wollen.

Für alle Fragen der sozialen Betreuung der Flüchtlinge soll es eine zentrale Anlaufstelle in gemeinsamer Trägerschaft der Wohlfahrtsverbände geben. Doch dafür bedarf es an Fördergeldern, die zwar beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beantragt wurden, aber die eben auch noch genehmigt werden müssen. Hilfestellung – zum Beispiel bei Einkäufen, Ämtergängen und der Bewältigung des Alltags – könnten zum Beispiel Bürgerpaten leisten.

Schon im letzten Jahr hatte die Stadt gemeinsam mit dem Deutschen Jugendherbergswerk die Jugendherberge in Gräfrath für Flüchtlingsfamilien als Erstaufnahmestelle freigegeben – und in diesem Fall die Bürger im Vorfeld der ersten Ankünfte im November informiert. Zur Bürgerversammlung im Deutschen Klingenmuseum kamen viele, die auch gleich ihre Hilfe anboten. Die Familien wurden dort jedoch nur bis Ende Januar 2015 untergebracht und vom Verein ZOF (Zukunftsorientierte Förderung) betreut. Denn die Stadt sucht vor allem Privatwohnungen, um die Flüchtlinge langfristig unterzubringen.

Bürger mitnehmen

Es fällt auf, dass die Städte – vielleicht auch angesichts von Bewegungen wie Pegida – sensibler mit dem Thema umgehen und versuchen, die Bürger mitzunehmen. So finden immer öfter im Vorfeld Informationsveranstaltungen statt, wenn es darum geht, zum Beispiel eine Wohnanlage für Flüchtlinge einzurichten. Das ist am 4. März unter anderem in Remscheid der Fall: Dann lädt Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz Bürgerinnen und Bürger aus Hasten ein, um über die geplante Einrichtung einer Wohnanlage für Flüchtlinge im Ortsteil Hasten zu informieren (Evangelische Kirche Hasten, Büchelstraße 47a, 18 Uhr).

Geplant sind dort familiengerechte Wohnungen in unterschiedlichen Größen und mit eigenen Küchen und Bädern, um nicht den Eindruck einer Massenunterkunft entstehen zu lassen, wie es bei der Stadt heißt. Daneben wird der Betreuungsverein BAF e. V. (Begegnen, Annehmen, Fördern) neben einer sozialarbeiterischen Betreuung auch einen Hausmeisterdienst anbieten, der rund um die Uhr zu erreichen ist – und als Ansprechpartner für die Bewohner sowie Nachbarn und Anwohner dient. Der gemeinnützige Verein kümmert sich seit 1996 um die Betreuung von Flüchtlingen, Asylbewerbern, Aussiedlern und Wohnungslose.

Auch in Wuppertal ist eine Flüchtlingsunterkunft in Vohwinkel geplant, vor deren Bezug ebenfalls die Anwohner mit ins Boot genommen wurden. Das rief zwar wieder einmal die rechte Szene mit rund 40 Anhängern auf den Plan – der sich jedoch bei einer Gegendemonstration gut 250 Menschen entgegenstellten.

Dennoch versucht die Schwebebahnstadt grundsätzlich, den anderen Weg zu gehen und bittet wie Solingen alle Vermieter, freistehende Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Die Stadt versucht, rund 80 Prozent der Flüchtlinge, die derzeit vor allem aus Syrien, Afghanistan, dem Iran sowie aus West- und Ostafrika kommen, in Wohnungen unterzubringen. Die meisten von ihnen sollen nur kurz – wenn es nicht ganz vermieden werden könne – in einem der fünf Übergangsheime untergebracht werden.

Foto: Michael Mutzberg

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